Achtung Zecken: Vorsicht ja, Hysterie nein

Im Frühling, wenn wir wieder mehr in den Garten oder die Natur gehen, werden auch unerwünschte Parasiten wie Zecken wieder aktiv.

Die meisten Zecken sind harmlos. Die Gefahr, durch einen Zeckenstich an Borreliose zu erkranken, ist verschwindend gering. Borreliose ist eine durch Zecken übertragene Infektionskrankheit, die durch Bakterien (Borrelien) ausgelöst wird. Anfangs beschränken sich diese auf Reaktionen der Haut, häufig in Form einer Wanderröte, sowie grippeähnliche Symptome. In späteren Stadien können entzündliche Vorgänge im Nervensystem, den Gelenken und im Herzen auftreten. Der Hamburger Spezialist für Immunologie und Rheumatologie, Dr. med. Keihan Ahmadi-Simab beantwortet die wichtigsten Fragen zu Zecken und Borreliose:

Wie wahrscheinlich ist es, durch einen Zeckenstich an Borreliose zu erkranken?

Dr. Ahmadi-Simab: Die Wahrscheinlichkeit ist verschwindend gering! Lediglich 5 – 35 Prozent des Zeckenbestandes sind überhaupt mit Borrelien verseucht. Von allen erfolgten Stichen führen nur 1,5-6 Prozent zu einer Infektion und gerade mal 0,3-1,4 Prozent dieser Infektionen lösen eine echte Borreliose-Erkrankung aus. Nicht jede Infektion führt zu einer Borreliose: Wie bei anderen Bakterien ist unser Körper durchaus in der Lage, diese Infektion selbst zu heilen. Und den Rest erledigen Antibiotika.

Welche Symptome sind typisch für eine Infektion mit Borrelien?

Dr. Ahmadi-Simab: Im Frühstadium ist die sogenannte Wanderröte am Auffälligsten, die häufig rund um die Einstichstelle entsteht. Es handelt sich um einen rötlichen Ring, dessen Radius sich langsam vergrößert und der bei der Ausdehnung verblasst. 50 bis 60 Prozent aller Borrelieninfektionen beginnen mit diesem Alarmsignal. Weitaus unspezifischer sind Symptome wie Müdigkeit, Muskelschmerzen oder Fieber, die bis zu drei Wochen nach einem Zeckenstich auftreten können. Im Zweifelsfall kann eine Blutuntersuchung Klarheit bringen, ob eine Borrelieninfektion vorliegt oder nicht.

Wie verläuft eine Borreliose-Infektion?

Dr. Ahmadi-Simab: Wir unterscheiden bei einer Borrelieninfektion zwischen drei Stadien: Wird die Infektion im eben beschriebenen Frühstadium nicht erkannt und behandelt, folgt das zweite Stadium, bei dem sich der Erreger im Körper ausbreitet. Dabei kann eine sogenannte „Neuroborreliose“ ausgelöst werden. Diese zeichnet sich durch Nervenschmerzen und Entzündungsreaktionen entlang der Rückenmarksnerven aus. Mögliche Symptome können auch ein brennendes Schmerzgefühl der Haut, eine einseitige Lähmung der Gesichtsnerven, eine Entzündung des Herzmuskels (Myokarditis) oder das Entstehen von erhabenen, rötlich-blauen Hautveränderungen sein. In äußerst seltenen Fällen, in denen dann noch immer kein Arzt aufgesucht wird und keine Behandlung erfolgt, kann das dritte Stadium eintreten. In Europa handelt es sich vorwiegend um die sogenannte „Lyme-Borreliose“. Sie verursacht Beschwerden wie bei einer Gelenksentzündung (Arthritis) und kann sich zu einer chronischen Rheumaerkrankung entwickeln.

Wie wird eine Borreliose-Infektion behandelt?

Dr. Ahmadi-Simab: Im Frühstadium und sobald nach einem Zeckenstich eine Wanderröte diagnostiziert wird, sollte eine 14-21-tägige Antibiotikatherapie folgen. Die lange Dauer ist notwendig, um das Bakterium sicher zu bekämpfen. Auch im zweiten und dritten Stadium erfolgt eine Therapie mit Antibiotika, diese sind dann allerdings stärker dosiert, kombiniert und werden in der Regel intravenös verabreicht, um eine direkte Aufnahme ins Blut zu gewährleisten. Die Heilungschancen sind sehr groß: Rund 90 Prozent aller Infektionen können so behandelt werden, dass die Patienten als geheilt gelten.

Was ist der Unterschied zwischen einer Borreliose und FSME?

Dr. Ahmadi-Simab: Borreliose ist eine bakterielle Erkrankung, die selten auftretende Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME) eine Virus-Infektion, gegen die geimpft werden kann. Letztere tritt nur in bestimmten Regionen auf. Informationen über Risikogebiete und Impfempfehlungen gibt es beim Robert Koch-Institut.

Wie kann man einer Borreliose-Infektion vorbeugen?

Dr. Ahmadi-Simab: Hilfreich ist es, in typischen Zeckengebieten helle, glatte Kleidung zu tragen und die Haut möglichst gut zu bedecken, z.B. durch lange Hosen und langärmlige Oberteile. Wer keine Stiefel tragen möchte, kann die Hosenbeine in die Strümpfe stecken. Durch die hellen Kleidungsfarben fallen die kleinen schwarz-braunen Parasiten besser auf. Zuhause sollte dann gezielt nach Zecken gesucht werden, bei Kindern vor allem in den Kniekehlen, der Leistengegend und am Haaransatz. Wenn eine Zecke innerhalb der ersten 24 Stunden entfernt wird, besteht in der Regel kaum Gefahr, dass sie bereits Borrelien übertragen hat. Wichtig ist, sie nicht hektisch abzureißen oder sie zu zerquetschen – in dem Fall könnten evt. vorhandene Borrelien herausgedrückt werden. Besser sind Pinzetten und spezielle Zeckenzangen, die in Apotheken erhältlich sind und mit denen man die Zecke direkt an der Haut packen und entfernen kann. Gut wäre es, das Datum des Zeckenstichs zu notieren, um den Arzt beim möglichen Auftreten von Symptomen genau informieren zu können. Sofern in den Wochen danach der Verdacht auf eine Infektion besteht, sollte sofort ein Arzt aufgesucht werden.

Interview: Susanne Amrhein, PRIMO MEDICO

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