Allergie und Klimawandel – Frau Dr. med. Christiane Rozeh vom MEDIZINICUM wirft einen Blick auf den Zusammenhang

Allergie und Klimawandel

Allergische Erkrankungen sind seit Jahrtausenden bekannt und bezeichnen eine übersteigerte Reaktion des Immunsystems auf eigentlich ungefährliche Reize. Die Häufigkeit allergischer Erkrankungen hat in den letzten Jahrzehnten weltweit stark zugenommen. Schätzungsweise sind in Deutschland 20-30 Millionen Menschen davon betroffen. Verschiedene Veränderungen des Lebensstils und Umwelteinflüsse werden hier als Ursache für den Anstieg angenommen. Speziell zu den Folgen des Klimawandels auf allergische Erkrankungen veröffentlichte das spätestens seit der Coronapandemie auch dem medizinischen Laien bekannte Robert-Koch-Institut 2023 einen Bericht. Den größten Einfluss in Bezug auf allergische Erkrankungen hat der Klimawandel hierbei auf die Pollen als Auslöser des Heuschnupfens. Die Erkrankung führt bei vielen zu erheblichen Beschwerden mit Einschränkung der Lebensqualität und birgt zudem das Risiko des Etagenwechsels, d.h., es kann sich im Verlauf ein allergisches Asthma bronchiale entwickeln.

Verlängerung der Pollensaison

Der Beginn der Pollensaison 2024 steht bevor. In sogenannten Pollenfallen werden diese gezählt und Vorhersagen erstellt. Die Pollensaison hängt wesentlich vom Zusammenspiel von Regen und Temperatur ab. Nach Analyse des RKI beginnt vor allem die Frühblühersaison (Birke/Erle/Hasel) in den letzten Jahrzehnten durch die verschiedenen klimatischen Veränderungen 2-3 Wochen früher. Auch die Häufung sogenannter „Mastjahre“, also Jahren mit besonders starkem Pollenflug, wird mit dem Klimawandel in Verbindung gebracht. Nach den Untersuchungen der Wissenschaftler hat sich die Flugzeit der Gräserpollen am wenigsten verändert, aber zum Ende der Pollensaison ist eine Verlängerung durch Flug von Kräuterpollen zu verzeichnen (Beifuß/Ambrosia). Am problematischsten ist die Verlängerung der Pollensaison somit für die Polyallergiker, also die Personen, bei denen Pollen aus verschiedenen Gruppen Beschwerden machen. Die Verlängerung der Pollensaison ist aber nicht das einzige beobachtete Phänomen. Auch die Konzentration pro Jahr der allermeisten Pollen ist angestiegen

Ausweitung des Pollenspektrums

Der Klimawandel kann die Ausbreitung nicht heimischer Pollenarten begünstigen. Ein Beispiel hierfür ist Ambrosia. Die Pflanze kommt eigentlich aus Nordamerika. Sie produziert in großer Menge Pollen und hat ein großes Sensibilisierungs- und Allergiesierungspotential. Die Zahl der gegen Ambrosia Sensibilisierten in Nordamerika entspricht in etwa dem der gegen Gräserpollen Sensibilisierten in Deutschland. Sensibilisiert heißt, dass Antikörper im Allergietest nachgewiesen werden, aber noch nicht eine Allergie vorliegen muss. Die Pflanze gelangte wahrscheinlich über Weizenlieferungen nach Europa. Weit verbreitet ist sie in Ungarn, Italien und Frankreich, breitet sich aber in den letzten Jahren auch in Deutschland immer mehr aus. Wird bis 2005 ein Anteil von Sensibilisierten von 0-10% angenommen, so geht man von einem Anstieg auf 15-25% bis 2060 aus.

Einfluss von Umweltfaktoren auf Pollen

Der Einfluss von Luftschadstoffen wie Stickstoff und Ozon auf Pollen ist Gegenstand von Forschungen. Es gibt Hinweise darauf, dass die Veränderungen im Rahmen des Klimawandels in Zusammenwirkung mit Luftschadstoffen als Stressoren für die Pflanzen das allergene Potential verändern können. So gibt es z.B. Untersuchungen, die festgestellt haben, dass erhöhte Stickstoffwerte den Gehalt vom Hauptallergen in Birkenpollen (bet v1) erhöhen. Der Klimawandel ist ein globales, ungelöstes Problem. Aus den oben ausgeführten Beobachtungen ergibt sich, dass leider nicht zu erwarten ist, dass allergische Beschwerden in
Zukunft abnehmen. Gerade deswegen ist es wichtig, Allergien frühzeitig zu erkennen, korrekt zu diagnostizieren und zu behandeln. Ein Anamnesegespräch mit einem allergologisch erfahrenen Arzt ist unabdingbar. Allergietests können nur im Zusammenhang mit ihren Beschwerden bewertet und bei Bedarf ergänzende Tests veranlasst werden. Die Therapie besteht aus 3 Säulen: Der Vermeidung der Allergene, der symptomatischen und der kausalen Therapie. Die Vermeidung von Pollen ist leider nur sehr begrenzt möglich, bezüglich der symptomatischen Therapie sind aber gute Therapiemöglichkeiten vorhanden. Während Allergiker früher häufig über Nebenwirkungen der Medikamente klagten, ist es heute dank moderner Medikamente zumeist möglich, gemeinsam mit ihrem Arzt eine wirksame Medikation ohne störende Nebenwirkungen zu finden. Oft kann es zur ursächlichen Therapie sinnvoll sein, eine spezifische Immuntherapie, bekannt auch als Desensibilisierung, zu machen. Ziel ist es, das Immunsystem weg von der Allergie hin zu einer Immuntoleranz zu beeinflussen. Bekannt ist vor allem die Therapie mit Spritzen, was sich manchmal schlecht in den Lebensalltag der Betroffenen integrieren lässt. Es lohnt sich, gemeinsam mit ihrem Arzt zu prüfen, ob eine spezifische Immuntherapie bei ihnen sinnvoll erscheint. Diese kann in Spritzenform oder als gute Alternative als Tabletten durchgeführt werden.

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